Literarische Begegnungen 30 Jahre Innsbrucker Wochenendgespräche

1977 wurden von Ingeborg Teuffenbach, Autorin und Literaturkritikerin, die Innsbrucker Wochenendgespräche in der Tradition der legendären „Österreichischen Jugendkulturwochen“ und nach dem Vorbild literarischer Begegnungen in den USA ins Leben gerufen. Das erste Innsbrucker Wochenendgespräch vom 25. bis 27. Februar 1977 war dem Thema „Hörspiel und Radiokunst“ gewidmet. Ingeborg Teuffenbach gelang es über ein Dutzend Autoren und Radiofachleute aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und Südtirol zusammen zu bringen. Diese erste Tagung zeichnete sich durch die auch späterhin wichtigen Komponenten des ungezwungenen Gesprächs in toleranter Atmosphäre aus trotz aller gegenseitigen Angriffslust der Teilnehmer. Im Urteil über das erste Innsbrucker Wochenendgespräch waren sich alle, das Publikum, die Medien wie auch die Teilnehmer, einig: „sinnvoll und fortsetzenswert“, obwohl oder gerade weil es keine quantitativ lautstarke Initiative war.

Auf Grund dieses Erfolges veranstaltete Ingeborg Teuffenbach noch im selben Jahr die zweiten Innsbrucker Wochenendgespräche. Die nötigen finanziellen Mittel brachten wiederum die Kulturabteilung der Tiroler Landesregierung, das Kulturamt der Stadt Innsbruck und der ORF auf. In den folgenden Jahren fanden die Wochenendgespräche im jährlichen Zyklus statt. Jedes Jahr versammelte sich in Innsbruck eine Gruppe von Autoren, die versuchte, ein Generalthema durch kurze Referate, Präsentationen und Leseproben mit nachfolgender Diskussion auszuloten. Ohne konkrete Ausgangsbasis wurde es angestrebt, ein eher weit gefasstes literarisches Thema zu durchleuchten. Ihren jährlichen Abschluss fanden die Gespräche in allgemein zugänglichen Veranstaltungen im ORF-Studio Tirol. Moderiert wurden diese Lesungen und Präsentationen von Volkmar Parschalk. Von Anfang an waren Lesungen im ORF einbezogen, die einen konzentrierten Einblick in das aktuelle Schaffen der SchriftstellerInnen gewährten. Am letzten Tag der Treffen fand jedes Jahr ein Ausflug statt, der den Gästen Gelegenheit gab, einerseits wenige bekannte Schönheiten Tirols kennen zu lernen, andererseits die Gespräche entspannt weiterzuführen, abzurunden und zu Ende zu führen.

Diese literarischen Begegnungen zielten nie auf fertige Ergebnisse ab, sondern vielmehr auf die Erfassung der Problematik und der eigenen inneren Einstellung zu den gestellten Thematiken. Trotzdem ergaben sich zumeist aus den teils pointierten, teils bedächtigen, teils klar und präzise formulierten, teils vorsichtig angedeuteten Aussagen einige konkrete Feststellungen. Als Ort der Begegnung wählte Ingeborg Teuffenbach den etwas abgelegenen Gasthof Kapeller im Stadtteil Amras am Rande der Stadt. Hier trafen die AutorInnen auf einander, unterhielten sich in zwanglosen Gesprächen und knüpften neue Kontakte. Geleitet und dirigiert wurden die meisten Gespräche vom Innsbrucker Germanisten Sigurd Paul Scheichl. Dabei bestand die Möglichkeit für Literaturfreunde an diesen Diskussionsrunden teilzunehmen und die SchriftstellerInnen näher kennen zu lernen. Dies wurde jedoch von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen, weswegen die AutorInnen ziemlich unter sich blieben.

Die Innsbrucker Wochenendgespräche nahmen mit den Jahren an medialer wie öffentlicher Anerkennung zu. Auch die Internationalität wurde gesteigert. Bei den 12. Wochenendgesprächen 1987 nahmen AutorInnen aus acht Nationen teil, wobei immer in deutscher Sprache diskutiert und gesprochen wurde.

Zum 15. Wochenendgespräch gelang es Ingeborg Teuffenbach einen Jubiläumsband mit Textproben aller Autoren, die einmal an den Diskussionsrunden teilgenommen hatten, herauszugeben.

Gertrud Spat führte nach dem Tod von Ingeborg Teuffenbach und nach dreijähriger Unterbrechung 1993 die Wochenendgespräche mit viel Elan und bedeutendem persönlichen Einsatz in Innsbruck fort. Als Konstante blieb der Germanist Sigurd Paul Scheichl, der weiterhin die Betreuung und Leitung der Gesprächsrunden übernahm. Weiterhin zeichneten sich die Innsbrucker Wochenendgespräche durch Diskussionen im kleinen Kreis, persönliche Kontakte in den Pausen, auf Spaziergängen und auf Exkursionen sowie die Lesungen vor dem Tiroler Publikum im ORF-Studio aus.

Vom 23. bis 26. Mai 2002 fanden die Innsbrucker Wochenendgespräche zum 25. Mal statt. Es waren zugleich die zehnten, zu denen Gertrud Spat geladen hatte und die letzten. Seit 2003 fungiert Gisela Holzner als Gastgeberin der Innsbrucker Wochenendgespräche. Zu diesem mehr als feierlichen Anlass wurde eine Jubiläumsfeier veranstaltet. Diese fand als geselliger und festlicher Abend auf der Weiherburg statt, an dem neben den geladenen Wochenendgästen mehr oder minder das ganze literarische Innsbruck teilgenommen hat.

Ab 2003 zeigten sich die Innsbrucker Wochenendgespräche in veränderter Form. Gisela Holzner hielt einerseits an der Grundidee eines Gesprächforums für SchriftstellerInnen ohne Medienspektakel und frei von Konkurrenz- und Wettbewerbsdruck fest, andererseits wurden die literarischen Begegnungen im wörtlichen wie übertragenen Sinn in die Öffentlichkeit gerückt. Von nun an fanden die Gesprächsrunden im Tiroler Landestheater statt. Weiterhin wurden die Lesungen im ORF kulturhaus tirol abgehalten. Durch diese Verlegung in das Stadtzentrum erhielten die Wochenendgespräche einen ausdrücklich öffentlichen Charakter. Die Kommunikation zwischen den Gästen des Wochenendgespräches und den Zuhörern wurde stark gefördert; dem direkten und unvermittelten Dialog wurde mehr Platz eingeräumt. Der Dialog als literarische Tradition ist nur eines der wichtigen Merkmale der Innsbrucker Wochenendgespräche. In nunmehr 30 Jahren wurden durch die Wochenendgespräche als Form der literarischen Begegnung wichtige Impulse gesetzt. Durch diese Begegnungen mit Literatur vollzog sich ein Kennen lernen dieser Literatur. Durch ihre Art der Vermittlung wurde das Kennen lernen von Literatur zu einer interaktiven Auseinandersetzung, welche sowohl auf die Leserschaft wie auch auf die SchriftstellerInnen einen großen Einfluss ausübt.

Gertraud Zeindl

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