Autorinnen und Autoren
Irena Brezná (Basel)
Gino C. Chiellino (Augsburg)
Catalin D. Florescu (Zürich)
Maja Haderlap (Klagenfurt)
Alma Hadzibeganovic (Wien)
Semier Insayif (Wien)
László Márton (Budapest)
Sudabeh Mohafez (Berlin)
José F.A. Oliver (Hausach/D)
Massud Rahnama (Wien)
Ilma Rakusa (Zürich)
Farhad Showghi (Hamburg)
Vladimir Vertlib (Salzburg)
Moderation
Barbara Frischmuth (Altaussee)
Ilma Rakusa (Zürich)
Martin Pichler (Bozen)

Vladimir Vertlib

Geboren 1966 in Leningrad (St. Petersburg). 1971 Auswanderung der Familie nach Israel. Es folgten weitere Emigrationen und Remigrationen; eine mehr als 10 Jahre dauernde Pendelroute zwischen verschiedenen Exilstationen in Israel, Österreich, Italien, den Niederlanden und den USA. Seit 1981 wieder in Österreich. Studium der Volkswirtschaftslehre in Wien. Lebt heute in Salzburg. Seit 1993 freiberuflicher Schriftsteller, Sozialwissenschafter und Übersetzer. Erzählungen und Essays in Literaturzeitschriften und Zeitungen, Buchpublikationen: Abschiebung. Erzählung. O. Müller 1995. Zwischenstationen. Roman. Deuticke 1999. Das besondere Gedächtnis der Rosa Masur. Roman. Deuticke 2001. Letzter Wunsch. Roman. Deuticke 2003-2007.

Viktor hatte recht schnell Hebräisch gelernt. Für ihn war es nach dem Ukrainisch seiner Mutter, dem Russisch des Vaters und dem Jiddisch der Großtante und des Großvaters, die in der Ukraine geblieben waren, die vierte Sprache. Manchmal vermischte er die vielen Sprachen, und nur ich lernte diesen Geheimcode verstehen. Wenn er mit den anderen Kindern herumtollte, empfand ich Neid. Sogar meine Mutter stellte ihn mir als Vorbild hin: “Sieh doch, wie gut Viktor schon Hebräisch spricht”, sagte sie, “und wie gern er mit anderen Kindern spielt. Du hältst dich immer abseits und willst mit kaum jemandem etwas zu tun haben. Die Erzieherin hat sich schon beschwert, daß du dich weigerst, sie zu verstehen. Sie sieht das als Provokation an.”

Ich kannte das Wort Provokation nicht, doch es gefiel mir. Wenn mich jemand von den Erwachsenen fragte, wie es mir gehe, antwortete ich oft stolz: “Es geht mir gut. Ich bin eine Provokation.”

(Zwischenstationen)

© 2003-2007 Innsbrucker Wochenendgespräche - info@wochenendgespraeche.at