Walle Sayer

1960 geboren im schwäbischen Bierlingen, Lehre als Bankkaufmann, Kindergartenpraktikum, Gelegenheitsarbeiten, Arbeit im Horber Asylantenlager. 1985 –1991 leben und arbeiten in der selbstverwalteten Kulturgaststätte in Horb-Nordstetten. Seit 1992 freier Autor, lebt in Horb-Dettingen. Beiträge in diversen Zeitungen, Zeitschriften, Jahrbüchern und Anthologien. Buchveröffentlichungen, u.a.: Zeitverwehung.Gedichte. Eppe 1994. Kohlrabenweißes – Menschenbilder, Ortsbestimmungen, Prosazyklen. Klöpfer & Meyer 1995. Fundus. Notizbuchseiten. De scriptum 1997. Ausgangspunkt. Gedichte. Eric van der Wal 1998. Irrläufer. Gedichte. Klöpfer & Meyer 2000. Von der Beschaffenheit des Staunens. Miniaturen, Notate und ein Panoptikum. Klöpfer & Meyer 2002. Den Tag zu den Tagen. Gedichte. Klöpfer & Meyer 2006.

Vom Angeschrienwerden verschlug es einem die Sprache, und bei Tag ins Bett geschickt, verging das Sehen. Aufmüpfig schauten wir auf den Boden. Vor dem, was man nicht glauben wollte, mußte man eine Kopfbeuge machen. Widersetzten wir uns, bekamen die Mütter einen Geburtszangenblick, spürten wir den Schraubzwingengriff der Väter im Genick. Immer sollten wir parieren und fanden dafür später im Duden zwei Bedeutungen: unbedingt gehorchen oder einen Hieb abwehren. Daß die Kindheit eine Schuldunfähigkeit war, wußten wir noch nicht. Was nicht zum Spaß geschah, das tat man schmerzenshalber. Wir standen am Schwanzende der Familienpolonaise. Beim Gartenumgraben sahen wir durchtrennte Regenwürmer, wie ihre beiden Hälften sich in entgegengesetzte Richtungen davonringeln wollten.

(Kindheitskaleidoskop, in: Kohlrabenweißes)

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