Portrait Lukas Baerfuss
Foto: Claudia Herzog

Lukas Bärfuss

geboren 1971, lebt in Zürich. Dramatiker, Romancier und Essayist. Seine Stücke, u.a. Die sexuellen Neurosen unserer Eltern (2003), Alices Reise in die Schweiz (2005), werden weltweit gespielt; seine Romane, darunter Hundert Tage (2008) über den Völkermord in Ruanda, wurden in 20 Sprachen übersetzt. Zuletzt erschienen der Essayband Stil und Moral (2015) und der Roman Hagard (2017).

Vielleicht sehnen sich die Menschen weniger nach Freiheit als nach Wahrhaftigkeit. Nicht danach, die Wahrheit zu definieren, sie sorgen sich um den Anteil an Übereinstimmung zwischen der gedanklichen Begrifflichkeit und dem, was ich zu sagen in der Lage bin. Je größer diese Übereinstimmung ist, desto freier wird sich der Mensch fühlen, egal von welchen Zwängen er tatsächlich beherrscht wird.
Um genau dieses Verhältnis kreist die künstlerische Arbeit. Künstlerische Werke suchen die Wahrhaftigkeit, im Wissen, dass die Wahrheit ein Ideal, deshalb unerreichbar ist und nicht Gegenstand des Werkes sein kann.
[…] Sprache ist nie zum Nennwert zu nehmen, sie muss gedeutet werden. Literatur kann das Eine sagen und das Andere meinen. Aber ein aufmerksamer Leser erkennt, ob ein Text einen Zweck verfolgt und damit ein Instrument zur Verfolgung eines Interesses wird. In diesem Moment verlässt ein Text den Raum der Kunst.

Aus: „Freiheit und Wahrhaftigkeit“, in: Stil und Moral, Wallstein 2015

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