LITERATUR UND FILM

lange bevor ich daran denken konnte, literatur zu schreiben, hat meine kindliche erfahrung und erfassung der wichtigsten erzähltechnik des films mich gefangen genommen: der filmschnitt, also das abrupte teilen, abschneiden, begrenzen, definieren von einzelnen einstellungen, und deren zusammenfügen, montieren, editieren zu einer - mehr oder weniger - konsistenten erzählung, zu einem filmfluss, movieflow, der mich mitnahm auf eine reise durch eine ständige neuordnung von zeit und raum. auf der reise ins bewusstwerden der materialitäten des erzählens befinde ich mich noch immer.

so mit vier oder fünf jahren, nachmittags, wenn die die zwei stunden der kindervorführungen gekommen waren, konnte ich eintauchen in das kontinuum, in den rahmen aus dunkelheit und fliessenden bildern, klängen, dialogen, überlagerunsrhythmen menschlicher stimmen, die sich in meinen träumen resthaft wiederholten und neu zusammensetzten, wie mich traumreste im moment des dunkelwerdens des kinosaals in die filme zurückprojizierten, mitten hinein in die reale projektion der filme: charlie chaplin, laurel und hardy (damals nur als „dick und doof“ an- und ausgesprochen), pat und patchon, buster keaton, mickey mouse, donald duck, vorfilme aus dem kultur/natur-fundus - und nicht zu vergessen, die schnitt- und fanfarenfolgen der „tönenden wochenschauen“, sorgfältig ausgewählte und zugeschnittene realitätsbrocken, eine erzählform für sich, frühe newsclips, noch beschränkt auf die verbreitung in öffentlichen vorführräumen.

filmisches erleben, filmische rhythmisierungen bestimmten von anfang an (innere stadt, roman; unsichtbare filme - relativer roman; nervenlauf, klärwerk - rezyklopädie der gegenwart - um nur einige meiner romanartigkeiten und prosabücher zu erwähnen) mein erzählen gleichermassen wie die entwicklung meiner erzählformen, erzählstrukturen; literarisches und filmisches entwickelt sich in einer steten wechselbeziehung, mit wechselnden dominanzen dieser beiden möglichkeiten, kunstwerke zu realisieren.

Herbert J. Wimmer

© 2003-2021 Innsbrucker Wochenendgespräche - E-Mail - Impressum - Datenschutz

Facebook logo with link