Portrait Lorenz Langenegger
Foto: Ruth Erdt

Lorenz Langenegger

1980 in der Schweiz geboren, studierte Theater- und Politikwissenschaft in Bern. Während des Studiums erste Arbeiten fürs Theater; Nah und hoch hinaus wurde 2008 am Nationaltheater Mannheim uraufgeführt; mit Rakows Dom gewann er 2009 den Stückewettbewerb der Schaubühne Berlin. Für das Schauspielhaus Wien entwickelte er mit Tomas Schweigen und Bernhard Studlar die begehbare, immersiv-theatrale Social-Media-Serie Seestadt-Saga (2017). Für den Schweizer Tatort schrieb er mit Stefan Brunner die Folgen Kleine Prinzen (2016), Kriegssplitter (2017), Die Musik stirbt zuletzt (2018) und Züri brennt (2020). Bei Jung und Jung sind vier Romane erschienen: Hier im Regen (2009), Bei 30 Grad im Schatten (2014), Dorffrieden (2016), Jahr ohne Winter (2019). Langen­egger lebt in Wien und Zürich.

Wenn es etwas gibt, das er noch unerträglicher findet als die Kriminalromane seiner Frau, sind es die neunzig Minuten Tatort am Sonntagabend. Die amerikanischen Agentengeschichten und die skandinavischen Psychothriller haben nichts mit seiner Arbeit zu tun. Die Kommissare am Sonntagabend aber sind so bieder und gemütlich wie er. Sie lieben ihre Frauen und trinken gerne ein Glas Wein. Sie bringen ihre Kinder zur Schule und ärgern sich über ihre Vorgesetzten oder Kollegen. Vor und nach den Fällen stehen sie an Imbissbuden herum und geben philosophische Sätze über den Lauf der Welt oder die Vergänglichkeit der Zeit von sich, genau wie er es tut, wenn er einen jungen Kollegen beeindruckt, indem er zur Veranschaulichung ihres Alltags das Höhlengleichnis zitiert. Der unerträgliche Unterschied besteht darin, dass bei den Tatort-Kommissaren die Philosophie, die liebende Frau, das Kind, die Imbissbude und der Ärger über die Kollegen nur die Beilagen zu einem Mordfall sind, er hingegen kaut seit fünfundzwanzig Jahren darauf herum, als wären sie der Hauptgang.

Aus: Dorffrieden. Jung und Jung 2016




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