Portrait Waltraud Mittich
Foto: Benno Agreiter

Waltraud Mittich

1946 in Bad Ischl geboren, 1952 Übersiedlung nach Südtirol. Studium „Lingue e letterature straniere e moderne“ an der Universität Padua, anschließend Unterrichtstätigkeit. Zuletzt in der edition laurin erschienen: Abschied von der Serenissima. Roman, 2014, Micòl. Roman, 2016, Sanpietrini. Roman, 2019, Ein Russe aus Kiew. Roman, 2022.

In Kiew, habe ich gehört, warten derzeit, im März 2020, 400 von Leihmüttern Neugeborene, dass sie abgeholt werden können von den Eltern, die sie bestellt haben. Die Corona-Ausreisesperren haben dies unmöglich gemacht. Nun werden sie gewickelt und gefüttert in einem großen Saal in einem großen Hotel. Ich wage es zu behaupten: Mein Thema, die Herkunftssuche, ist das wichtigste Thema unserer Zeit. Kein politisches, aber ein politisch relevantes Thema, wichtiger als die meisten anderen, weil innere Sicherheit und Stärke der Menschen politisch bedeutsam, schicksalhaft sind für sie selbst und die Gesellschaft, in der sie leben. Und so höre ich die Winzlinge schreien im großen Saal im großen Hotel in Kiew, es ist der geballte Ruf einer ganzen Generation, mit geballten Fäustchen schreien sie: Sagt uns, wer wir sind, sagt uns, wer wir sind.

Aus: Ein Russe aus Kiew. Roman. edition laurin 2022




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