Portrait Anne Marie Pircher
Foto: Manuela Tessaro

Anne Marie Pircher

Anne Marie Pircher, geb. 1964 in Tscherms, lebt als Schriftstellerin und Lyrikerin in der Nähe von Meran/Südtirol. Mitglied im Südtiroler Künstlerbund sowie in der Südtiroler und Grazer Autor:innen-Vereinigung. War Finalistin bei der „Floriana“ in St. Florian/Linz. Mehrere Arbeitsstipendien der Südtiroler Landesregierung. Zuletzt erschienen: Zu den Linien. Erzählungen, edition laurin 2014, Über Erde. Gedichte, edition laurin 2016, Iris & Pupille. Roman, edition laurin 2022.

Die Kirschbäume blühen. Es klang, als wollte mein Vater mich nach Hause locken. Ich setze mich zu Dara aufs Sofa und sage, dass zu Hause alles gut ist, meine Karte aus Mexiko aber noch nicht angekommen sei. Kaum ist das Telefon frei, klingelt es und Ron meldet sich mit seiner Therapeutenstimme. Ich versuche, mich auf den Film zu konzentrieren, aber ich mag diesen Jack Nicholson nicht. Nach zehn Minuten wünsche ich Dara eine gute Nacht und verschwinde in meinem Zimmer. Zum ersten Mal, seit ich in diesem Land angekommen bin, vermisse ich die Dachluke. Es ist nicht Heimweh. Es ist nur der Wunsch nach jenem Stück Himmel und dessen Möglichkeiten. Wolken. Regen. Schnee. Dunst. Ein Gewitter. Hagel. Sonne. Licht. Dunkelheit. Sterne. Die Mondsichel. Mutter hat einmal erwähnt, dass ich mit einem furchtbaren Gewitter gekommen sei. Bei Blitz und Donner. Eine Woche zu früh. Es klang wie ein Vorwurf. Gleichzeitig wie Bewunderung.

Aus: Iris & Pupille, edition laurin 2022




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