Birgit Birnbacher
Geboren 1985, lebt als Schriftstellerin in Salzburg. Ihr Debütroman Wir ohne Wal (2016) wurde mit dem Literaturpreis der Jürgen-Ponto-Stiftung ausgezeichnet, darüber hinaus erhielt sie zahlreiche Förderpreise und 2019 den Ingeborg-Bachmann-Preis. Bei Zsolnay erschienen zuletzt die Romane Ich an meiner Seite (2020) und Wovon wir leben (2023).
Im Vorhaus ist es stickig, alle Jalousien sind zugezogen. Zwischen mir und dem Vater ist kaum noch Luft. Trotzdem, oder vielleicht deswegen, spüre ich so deutlich wie nie, dass ich jetzt diesen Abstand zwischen uns schaffen muss, zwischen uns, aber auch zwischen mir und dieser Neuigkeit. Ich spüre, dass ausgerechnet jetzt der Moment ist, wo ich von der Baufirma erzählen muss, von dem Termin, den ich mit Beas Bekanntem habe, dass ich es kaum erwarten kann, meine Unterschrift unter diesen Ausbildungsvertrag zu setzen, weil es eine Unterschrift gegen die unausgesprochene Unterstellung meiner Pflicht ist, für ihn und für alle zu sorgen, weil es eine Unterschrift für das Bekenntnis zu einem Beruf ist, eines Zeitverbringens außerhalb dieser Pflichten.
Aus: Wovon wir leben, Zsolnay 2023

Foto: Siegrid Cain