Ernst-Wilhelm Händler
1953 geboren, lebt in Regensburg und München. Studium der Wirtschaftswissenschaften und Philosophie, Geschäftsführer des familieneigenen metallverarbeitenden Unternehmens. Autor von Romanen, Erzählungen sowie Essays über ökonomische, gesellschaftliche und künstlerische Themen. Zahlreiche Auszeichnungen. Zuletzt erschienen: Das Geld spricht. Roman (2019), Größenwahn und nichts. Eine Betrachtung zum Literaturbetrieb (2020), Die Produktion von Gesellschaft (2022), Der absolute Feind. Roman (2023).
Nachdem Annette gesagt hatte, was sie hatte sagen wollen, war sie gelassener. Sie fragte mich nach der Bilanz. Ich sagte, die Firma schreibt eine schwarze Null. Wie der Plan für dieses Jahr aussieht. Ich sagte, er sieht ein positives Ergebnis vor. Ob das genügt, um die notwendigen Investitionen in neue Erzeugnisse zu finanzieren. Ich nahm meine Brille ab und sagte, auf lange Sicht nicht. Aber wenn das Ergebnis zu positiv ist, wird die Firma nicht umgewandelt. Sie sagte, wenn das Ergebnis nicht positiv genug ist, braucht die Firma nicht umgewandelt zu werden. Wie die Verhandlungen vorankommen. Ich sagte, wir stehen kurz vor dem Abschluß. Sie zündete sich eine Zigarette an und blies mir den Rauch ins Gesicht. Ich hätte wohl nicht damit gerechnet, daß sie sich von mir trennen will. Sie habe auch Zweifel, ob ich die Lage der Firma und meine Stellung in der Firma richtig beurteilte. Vielleicht lese und schreibe ich nur, um nicht zu sprechen. Was muß geschehen, damit ich spreche? Daß sie sich von mir trennt, reicht nicht. Sie sei sicher, eines Tages werde ich sprechen. Aber nicht mehr zu ihr.
Aus: Fall, Frankfurter Verlagsanstalt 1997

Foto: Thomas Dashuber / Agentur Focus